Leseprobe

    freiheit die ich meine

    junger soldat
    mit dem gesicht von
    jedermanns sohn
    der du gläubig
    an der grenze stehst
    ein bollwerk
    meiner freiheit

    ich bitte dich
    kehre um
    lebe
    und schenk mir
    die eine freiheit
    jedes elend
    lieber zu tragen
    als deinen tod

    stirbst du für mich
    du erst begonnener
    was fang ich an
    mit meiner freiheit
    die für immer
    dein sterbegesicht trägt

    Das Gedicht entstand 1984, zur Zeit der großen Demonstrationen gegen weitere Bewaffnung und Aufrüstung. Da ich als "militante Friedenshetzerin" bekannt war, provozierte man mich damit, dass meine Söhne später die Pflicht hätten, aus Dankbarkeit ihr Leben einzusetzen, um die "Freiheit" unseres Landes zu bewahren. Ich fragte, welche Freiheit denn da gemeint sei, da nur die wenigsten Mitbürger unsere demokratischen Möglichkeiten sinnvoll nutzen. Bei dem anschließenden Streitgespräch vertrat ich die Meinung, dass zwar Eltern ihren Kindern Fürsorge schulden, da diese ja nicht darum gebeten haben, der Welt ausgesetzt zu werden, dass es aber fraglich sei, ob Kinder ihren Eltern etwas schulden. Ganz gewiss jedoch schulde kein Sohn seinen Eltern seinen Tod - nicht einmal seine Ausbildung zum Töten! - Das Thema regte mich tagelang so auf, dass ich schließlich dieses Gedicht schrieb.

    (Dieses Gedicht wurde samt meinem Kommentar in Hilde Domins Gedichtsammlung „Nachkrieg und Unfrieden aufgenommen)

 

    schwester mond

    schöne mondin
    dein stilles licht
    versagt sich
    der verbrüderung
    der menschenschritte
    kein astronaut
    hindert das silberne
    gitter der weiden
    vorm tiefen blaugrund
    und wer wollte
    mich mahnen
    dass dein schimmer
    nur leihgabe ist
    wenn er das gesicht
    des geliebten hebt
    aus der blindheit
    der nacht

Der Weg nach...
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